Predigt zum Nachlesen

Predigt am Ostersonntag, 17. April 2022 von Pfarrer Axel Malter

Osterwitz:
Ein Mann stirbt nach einem langen, erfüllten Leben alt und lebenssatt. Seine Frau überlegt sich, welche Inschrift auf dem Grabstein stehen soll. Sie möchte dabei die Hoffnung
ihres Glaubens zum Ausdruck bringen. - Auf den Grabstein lässt sie schließlich schreiben: „Ruhe in Frieden! – Bis wir uns wiedersehen.“

Schriftlesung und Predigttext: 1. Korinther 15,12-19
Mit dem Glauben an die Auferstehung von Jesus Christus steht und fällt unser Glaube.

12 Wenn Christus gepredigt wird, dass er von den Toten auferweckt ist, wie sagen dann einige unter euch: Es gibt keine Auferstehung der Toten? 13 Gibt es keine Auferstehung der Toten, so ist auch Christus nicht auferweckt worden. 14 Ist aber Christus nicht auferweckt worden, so ist unsre Predigt vergeblich, so ist auch euer Glaube vergeblich. 17 Ist Christus nicht auferstanden, so ist euer Glaube nichtig, so seid ihr noch in euren Sünden;
18 dann sind auch die, die in Christus entschlafen sind, verloren. 19 Hoffen wir allein in diesem Leben auf Christus, so sind wir die elendesten unter allen Menschen. 19 Nun aber ist Christus auferstanden von den Toten als Erstling unter denen, die entschlafen sind.

 

Predigt:
Liebe Gemeinde, wie oft lacht der Ostfriese, wenn man ihm einen Witz erzählt? - Richtig: dreimal. Das erste Mal, wenn man ihn erzählt, das zweite Mal, wenn man ihn erklärt, und  das dritte Mal, wenn er ihn verstanden hat.
So ähnlich wie den Ostfriesen mit den Witzen geht es uns vielleicht mit der Botschaft von Ostern. Auch über die kann mal dreimal lachen. Das erste Mal spöttisch. Das zweite Mal verlegen oder persönlich betroffen. Und das dritte Mal froh und frei.

Wer die Osterbotschaft zum ersten Mal hört, der lacht möglicherweise spöttisch über sie. Das war schon damals vor 2000 Jahren so. Als die Frauen vom leeren Grab kamen und den Jüngern berichtet haben: „Jesus ist auferstanden! Er lebt!“, da hielten sie die Frauen für verrückt. Was für eine alberne Geschichte! Weibliche Logik halt. Durchschaubares Wunschdenken. Auferstanden vom Tod? Nein, nein. Das gibt es nicht. Wer tot ist, bleibt tot.

Aber vielleicht, vielleicht fragt ja nach dem ersten spöttischen Lachen doch der eine oder die andere weiter nach beim Hören der Osterbotschaft: Du sag mal, glaubst Du wirklich an sowas? Und vielleicht beginnt dann jemand vorsichtig und mit unsicheren Worten von seinem eigenen Glauben zu erzählen. Davon, was es uns Christen bedeutet, dass Jesus lebt. Dass wir uns an Ostern nicht einfach nur an einen bedeutenden Mann der Weltgeschichte erinnern. Sondern hier und heute im Leben und im Alltag mit ihm rechnen und mit ihm reden. Vielleicht versucht jemand zu sagen, wie wichtig ihm das ist, dass der Tod nicht das letzte Wort behält. Und warum ihn das tröstet, wenn er an die denkt, die schon gestorben sind. Und was es ihm bedeutet im Blick darauf, dass man ja auch selber einmal sterben wird. Ohne Ostern geht das Leben seinem Ende zu. Mit Ostern geht das Leben auf sein Ziel zu. Das macht einen wesentlichen Unterschied. Im einen Fall endet die Lebenskurve unten: im Grab. Im andern Fall oben: im Himmel. Auferstehung der Toten und ewiges Leben heißt ja nicht, dass man hier auf der Erde ewig weiterlebt und niemals stirbt. Auch Jesus musste durch den Tod hindurch ins ewige Leben, in eine Dimension jenseits von Raum und Zeit, in den Himmel. – „Hinabgestiegen in das Reich des Todes. Am dritten Tage auferstanden von den Toten“ – So sagen wir es im Glaubensbekenntnis.
Die Botschaft von Ostern heißt nicht, dass es keinen Tod mehr gibt. Sondern sie heißt,
wie wir es in dem alten Osterlied hören: „Christ ist erstanden von der Marter alle“. Christus ist auferstanden von aller Qual und allem Schmerz und allem Leid. "Marter" ist altertümliches Wort. Doch mit dem, was es bezeichnet, haben wir alle Erfahrung: mal
mehr, mal weniger. Schon an unserem ersten Tag mit unserem ersten Schrei haben wir
es erfahren, dass auf die Welt kommen und auf der Welt sein nicht nur Seligkeit ist. Sondern eben auch Schmerz und Not und Angst. Marter, das geschieht manchmal rein biologisch durch Hunger, Krankheit, Hitze oder Kälte, Krieg und Gewalt. Menschen erfahren Marter aber auch durch ihr Umfeld: durch andere Menschen, die ihnen körperlich oder seelisch zusetzen. Ja, es gibt auch die emotionalen Martern. Jede und jeder begegnet
ihnen und kennt sie, die „Marter alle“. Mit dem Coronavirus ist vor zwei Jahren noch eine neue Art der Marter dazugekommen, und mit dem Krieg in der Ukraine vor einigen Wochen wurde all den Leiden und Martern noch eine weitere hinzugefügt. Von „Geißeln der Menschheit“ – sprechen wir bildhaft, wenn es um Seuchen und Kriege geht. - Jesus wurde auch gegeißelt, als er von den römischen Soldaten gequält wurde. Er ist durch die
„Marter alle“ hindurchgegangen.
Wenn wir an die „Marter alle“ denken, dann bleibt uns selbst an Ostern erst mal das Lachen im Hals stecken. Und vielleicht mögen wir dann auch gar keine Witze mehr zu unserer Erheiterung hören, auch wenn es gut gemeint ist. Trotzdem wissen wir hoffentlich auch alle, wie sich Befreiung anfühlt. Wie es ist, wenn der Schmerz nachlässt und die Qual aufhört. Wenn Trauer tragbar wird. Wenn wir wieder Glück und Freude erleben nach schlimmen Zeiten. Wenn wir nicht allein bleiben mit schweren Erfahrungen. Wenn eine zerbrochene Beziehung heil wird. Wenn wir wieder aufstehen vom Krankenbett. Wenn wir herauskommen aus einer Krise. Wenn wir uns aufrichten aus einer Depression. Kleine Auferstehungen sind das. Noch nicht die Endgültige, aber eine Ahnung davon. - Das ist schon viel. Kleine Wunder wie wir sie tausendfach erleben dürfen.
Und so lachen wir beim zweiten Mal vielleicht eher verlegen – oder auch persönlich betroffen, wenn wir die Osterbotschaft hören: „Christ ist erstanden von der Marter alle.
Qualen, Schmerz und Krankheit, ja das kennen wir. Und auf die kleinen Auferstehungen hoffen wir – und wir erleben sie: immer wieder.

Und vielleicht gehen unsre Gedanken beim Hören der Osterbotschaft dann ja auch noch einen Schritt weiter: Wie stark ist doch unsre Sehnsucht, dass es mehr gibt als das, was unsre Augen sehen. Dass es eine Auferstehung gibt, die nicht nur vorläufig ist. Eine Lösung für alle Probleme der Welt, eine Erlösung von allem Bösen. Und wenn ich dann vorsichtig anfange darauf zu vertrauen, dass es stimmt, was die Bibel sagt, dass Christus
tatsächlich auferstanden ist von der Marter alle, dass er den Tod überwunden hat und uns vorausgegangen ist in ein neues, ewiges, himmlisches Leben, dann kann ich zum dritten Mal lachen. Dann lache ich froh und befreit: Wenn sich in mir die Erkenntnis breit macht, dass es stimmt, was Paulus schreibt: Wäre Christus nicht auferstanden, dann wären unsere Toten wirklich verloren. Wäre Christus nicht auferstanden, dann wäre ich
noch gefangen in meiner Sünde. Dann hätte der Tod das letzte Wort. Dann wären wir wirklich, wie Paulus es formuliert „die Elendesten unter allen Menschen“. Wenn das, was Jesus zu seinen Lebzeiten bewirkt hat, alles gewesen wäre, dann hätte er damals ein paar Kranke geheilt, dann hätte er ein paar Jünger gefunden, die nach seinem Tod die Kirche gründeten – eine Organisation, die äußerst gemischt bewertet werden kann. Ja, wenn das wirklich alles gewesen wäre, dann hätte das damals vielleicht durchaus seinen Wert gehabt. Aber für uns heute, wäre nicht mehr viel dran.
Aber Gott sei Dank, es wurde Ostern und Jesus ist auferstanden, er ist wahrhaftig auferstanden! Seine Mission endete eben nicht mit dem Tod. Sondern sie geht weit darüber hinaus.

Ostern hatte nur dieses eine Ziel, wie es in dem alten Kirchenlied heißt: „Des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein.“ Wenn wir das begreifen, dann werden wir zum dritten Mal lachen. Nicht mehr spöttisch. Auch nicht mehr peinlich berührt. Sondern froh und frei. So wie einer sich freut, dem gesagt wird: Du bist wichtig und wertvoll und unendlich geliebt. Ewig geliebt. Dein Leben hat einen Sinn und der geht nicht verloren. Du
wirst geliebt vom lebendigen, ewigen Gott, der für Dich den Tod besiegt hat. Christ ist erstanden von der Marter alle!

Dann ist die Osterfreude wirklich bei uns angekommen, wenn wir begreifen: Ostern ist es nicht nur für Jesus geworden, damals, sondern für uns, heute. Seine Geschichte ist nicht einfach nur seine Geschichte allein - schön für ihn, dass er auferstanden ist. Sondern seine Geschichte ist auch unsre Geschichte. Besser gesagt, sie wird unsre Geschichte. Noch besser gesagt: sie ist unsre Zukunft. - Weil Jesus eben nicht irgendeiner ist. Sondern Gottes Sohn. Und was Jesus tut, das tut er für alle. Sein Leben, sein Sterben und seine Auferstehung geschieht für uns alle. In der Auferstehung war er der Erstling – viele weitere werden folgen. – Paulus sagt, dass Jesus der Erstling ist in der Auferstehung: wie die erste Blüte an einem Baum. Sie ist zugleich die Verheißung, dass viele weitere Blüten folgen werden. – Und so sollen eben auch der Auferstehung von Jesus viele weitere Auferstehungen zum ewigen Leben folgen. – Das meint Paulus, wenn er sagt: Jesus war in der Auferstehung der Erstling. Weil Jesus wahrer Gott und wahrer Mensch zugleich ist, deshalb ist seine Geschichte
unsre Geschichte, seine Zukunft unsre Zukunft. Und seine Auferstehung unsre Auferstehung. Wir gehören zu ihm wie die Reben zum Weinstock. Wie die Körperteile zum Kopf. Wie die Schafe zum Hirten.

Paulus sagt es deshalb klipp und klar: Wäre Christus nicht auferstanden, so wäre unser Glaube vergeblich. Dann wären wir noch verloren, dann wären wir noch Opfer von Sünde und Tod, ohne Hoffnung. Wäre Christus nicht auferstanden, dann gäbe es keine Auferstehung der Toten und kein ewiges Leben, keine Vergebung der Sünden. Auch das uralte Osterlied stellt die Überlegung an, was wäre wenn nicht? Was wäre
wenn Jesus nicht von Gott gekommen wäre und wenn Gott ihn nicht auferweckt hätte vom Tod? Im Osterlied heißt es: „Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen“. Aber Gott seit Dank, gilt: „Seit dass er erstanden ist, so loben wir den Vater Jesu Christ!“ Ein Lob für Gott im Herzen, ein Lob für Jesus Christus und ein fröhliches befreites Lachen, das passiert da, wo die Osterbotschaft angekommen ist.
In manchen Osterliedern wird dieses Lachen deutlich hörbar: „Hallujahaha, hallelujahah,

Liebe Gemeinde, wenn die Osterbotschaft bei uns angekommen ist, dann dürfen wir froh und frei lachen. Kein spöttisches Lachen. Kein bitteres Lachen. Kein verlegenes Lachen.
Sondern ein Lachen ganz froh und frei. Die frohe Osterbotschaft gibt uns selbst für schwierige Zeiten einen starken Trost und einen Grund zur Fröhlichkeit, wann immer uns die „Marter alle“ eine kleine Auferstehung
und eine Atempause gönnt. Amen.